Das Krankheitsbild Hüftarthrose (Coxarthrose oder Arthrose des Hüftgelenks) bezeichnet den Verschleiß des Hüftgelenks, der meist ältere Menschen in die Sprechstunde des Hausarztes oder des Orthopäden bringt. Das Hüftgelenk wird lange Zeit im Leben mit dem gesamten Körpergewicht belastet und ist daher einem hohen Abnutzungsrisiko ausgesetzt. Schmerzen sind für gewöhnlich das Leitsymptom. Röntgenbilder des Gelenks sind ein wichtiger Teil des Diagnoseprozesses. Sie zeigen dem Arzt wie ausgeprägt der Verschleiß ist und ob bereits benachbarte knöcherne Strukturen angegriffen sind. Helfen Medikamente und Krankengymnastik dem Patienten nicht mehr, kann das kranke Gelenk durch eine künstliche Prothese ausgetauscht werden.
Foto: Physiotherapeut massiert die Hüfte einer Patientin mit Hüftarthrose. Nach einer Hüft-Operation (Endoprothese) ist die sich anschließende Physiotherapie in der Rehaklinik der Schlüssel zum Erfolg. - Foto © panthermedia.net / Wavebreakmedia Ltd.
Das Hüftgelenk verbindet das Bein mit dem Rumpf. Es setzt sich aus der Gelenkpfanne im Beckenknochen und dem Gelenkkopf des Oberschenkelknochens zusammen. Der Gelenkknorpel hat die Aufgabe, direkte Reibung zwischen den knöchernen Anteilen des Gelenks zu verhindern. Nutzt sich der schützende Knorpel im Alter oder durch Fehlbelastung, Fehlstellung oder Verletzung ab, liegt der Knochen zunehmend bloß und eine Arthrose entsteht. Der Prozess entwickelt sich über viele Jahre hinweg. Es ist ein langer Weg, bis Schmerzen und eine merkbare Bewegungseinschränkung auftreten. Häufig beginnt der Verschleiß des Hüftgelenks schon in der Mitte des vierten Lebensjahrzehnts. Erste Symptome treten, je nach Lebensumständen, im höheren Alter auf.
In Deutschland ist die Coxarthrose eine häufige Erkrankung. Circa sechs Prozent der weiblichen und fünf Prozent der männlichen Bevölkerung sind betroffen. Ungefähr ein Viertel der Deutschen zeigt Anzeichen für einen Hüftgelenksverschleiß im Röntgenbild. Symptome wie Schmerzen geben aber nur weniger als 50 Prozent der Betroffenen an, die somit an einer sogenannten klinisch definierten Coxarthrose leiden. Einer von 1000 Einwohnern pro Jahr erhält in Deutschland eine Hüftprothese.
Die Grundlage der Coxarthrose ist der Verschleiß von Gelenkknorpel. Reißt die schützende Knorpelschicht ein, wird dünner und raut auf, ändert sich die Verteilung der Belastung. So werden auch eigentlich gesunde Bereiche geschädigt. Der Knorpel schwindet und der Knochen leidet. Die knöcherne Struktur verändert sich sichtlich im Röntgenbild. Auswüchse am Rand des Gelenks (Osteophyten) versuchen die steigende mechanische Belastung auszugleichen.
Den Abnutzungserscheinungen können unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen:
Ein erster Hinweis auf eine Coxarthrose können sogenannte Anlaufschmerzen am Morgen oder nach dem Aufstehen aus dem Sitzen sein. Die Beschwerden legen sich nach den ersten Schritten. Im Verlauf werden die Schmerzepisoden häufiger und es kommen Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Bücken, Drehen sowie Abspreizen des Beines hinzu. Im späten Stadium einer Hüftarthrose leiden die Betroffenen auch nachts und in Ruhe an Schmerzen, die von der Leiste bis in die Knie ausstrahlen können.
Zu einer bestehenden Arthrose des Hüftgelenks kann bei akuter starker Überlastung des Gelenks eine Entzündung kommen. Mediziner sprechen in diesem Fall von einer aktivierten Hüftarthrose. Das Krankheitsbild äußert sich durch eine Rötung, Schwellung und Überwärmung des betroffenen Gelenks, die mit starken Schmerzen in Ruhe und bei Belastung einhergeht.
Die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Diagnose sind das Patientengespräch (Anamnese), die klinische Untersuchung der Gelenke durch den Arzt sowie die Aufnahme und Beurteilung von Röntgenbildern der Hüftgelenke. Im Zweifelsfall können weitere bildgebende Verfahren oder Laboruntersuchungen von Blut und Gelenkflüssigkeit die Diagnose sichern.
Interessant für den Arzt sind Vorerkrankungen, die Lebensumstände (Beruf, Sport) und bereits bekannte Arthroseerkrankungen in der Familie. Die körperliche Untersuchung konzentriert sich auf die Gelenke, die Körperhaltung und die motorische Beweglichkeit. Der Arzt tastet die Gelenke ab und sucht nach Entzündungszeichen sowie Bewegungseinschränkungen und knöchernen Veränderungen. Zusätzlich überprüft er die Funktion von Muskeln und Nerven.
Im Rahmen des Anamnesegesprächs kann der Arzt Fragebögen nutzen, die das Krankheitsstadium der Coxarthrose abbilden. Die Fragen thematisieren Schmerzen, Fehlstellungen, die Funktion und Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks. Auch die subjektive Lebensqualität ist von Interesse. Per Punktesystem werden die Fragebögen ausgewertet. Sie dienen dem Arzt so als Verlaufskontrolle und als Hilfsmittel bei der Wahl der Therapie.
Beispielfragen:
Der nächste diagnostische Schritt ist die Aufnahme von Röntgenbildern der Hüftgelenke. Der wichtige Gelenkknorpel kann auf den Aufnahmen nur indirekt beurteilt werden, da er nicht kalkhaltig und somit nicht sichtbar ist. Radiologe und Orthopäde orientieren sich daher am Gelenkspalt. Ist er schmaler als erwartet, spricht dieses Zeichen für eine Arthrose. Auswüchse des Knochens (Osteophyten) und eine auffällige Knochenstruktur (Sklerosierung) weisen ebenfalls auf einen Gelenkverschleiß hin.
Die Ultraschalluntersuchung des Hüftgelenks ergänzt das klassische Röntgenbild optimal, da der Arzt mit ihr auch die Weichteile und die Gelenkflüssigkeit untersuchen kann.
Benötigt der Arzt eine sehr detaillierte Darstellung des Hüftgelenks, um im Raum stehende Differenzialdiagnosen auszuschließen, kommt die Magnetresonanztomografie zum Einsatz. Dieses Verfahren belastet den Patienten nicht mit Strahlung und stellt zusätzlich zum Knochen auch Knorpel, Bänder und Muskeln dar.
In manchen Fällen ist unklar, ob der Patient an einer Arthrose oder an einer entzündlichen Arthritis (Rheuma) erkrankt ist. Entzündungsparameter im Blut (Blutbild, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und C-reaktives Protein) geben hier Auskunft. Weiterhin produziert der Körper im Fall einer rheumatischen Erkrankung bestimmte Antikörper, die ebenfalls im Blut bestimmt werden können. Ein erhöhter Harnsäurespiegel kann auf eine Gichterkrankung hinweisen.
Hat der Arzt bei der Untersuchung einen Gelenkerguss festgestellt, kann er das betroffene Gelenk unter Ultraschallkontrolle mit einer feinen Nadel punktieren. Die so gewonnene Gelenkflüssigkeit wird im Labor auf Entzündungszeichen und Krankheitserreger untersucht. Zusätzlich sinkt der Druck im Gelenk und der Patient spürt eventuell eine Schmerzlinderung.
Ist die Hüftarthrose erst mäßig ausgeprägt, helfen Medikamente und Krankengymnastik weiter und verzögern eventuell den Verschleiß des Gelenks etwas. Im fortgeschrittenen Stadium raten Orthopäden meist zu einer Operation, bei der das zerstörte Gelenk entweder teilweise oder ganz durch eine sogenannte Hüftendoprothese ausgetauscht wird. Nach dem Eingriff erfolgt eine Anschlussheilbehandlung (Reha), die den Patienten bei seiner Heilung unterstützt und in den Alltag zurückführt. Der Einsatz einer Endoprothese ist eine große Operation, die vielen Patienten Angst macht. Informieren Sie sich über den Eingriff und die Anschlussheilbehandlung. Je besser Sie wissen, was auf Sie zu kommt, desto ruhiger werden Sie sich fühlen.
Die Operation erfolgt unter Vollnarkose oder mit einer Rückenmarksanästhesie. Welche Narkoseform für Sie infrage kommt, besprechen Sie im Vorfeld mit dem Facharzt. Nicht jeder Mensch fühlt sich in der Lage, diesen doch recht „handwerklichen“ Eingriff im Wachzustand mitzuerleben. Bereits während der Operation wird die Endoprothese fest im Knochen einzementiert und muss nicht erst einwachsen. Es stehen Ihnen verschiedene Materialien zur Verfügung. Endoprothesen können aus Metall, Kunststoff oder Keramik hergestellt sein. Abhängig vom Zustand Ihres Knochens, Ihres Gewichts, Ihres Alters und Ihrer Grunderkrankung wird Ihnen der Operateur die passende Operationsmethode empfehlen. Heute hält eine Hüftgelenksprothese im Durchschnitt circa 15 Jahre.
Wahrscheinlich werden Sie schon am Tag nach der Operation mobilisiert. Zusammen mit einem Krankengymnasten können Sie das operierte Hüftgelenk belasten. Die Physiotherapie ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Sie beginnt noch im Krankenhaus und wird in der Reha fortgesetzt. Das gesamte erste Jahr nach dem Eingriff über stabilisiert sich die Prothese noch und der Muskelapparat um das Hüftgelenk baut sich auf. Bei vielen Patienten besteht eine schmerzbedingte Muskelschwäche durch die Schonung des erkrankten Gelenks. Beachten Sie einige Vorsichtsmaßnahmen, um die Heilungsphase möglichst komplikationslos zu gestalten.
Die Anschlussheilbehandlung nach einer Hüftoperation kann ambulant oder stationär in einer Rehaklinik erfolgen. Besonders wichtig ist der Muskelaufbau durch gezielte Physiotherapie. Speziell ausgebildete Krankengymnasten und Ärzte führen die orthopädische Reha durch. Einzeln und in Gruppen erhalten Sie ein Koordinations- und Ausdauertraining. Schwimmen und Spazierengehen sind die ersten empfehlenswerten Sportarten, die Sie auch zu Hause weiter ausüben können. Später kommen zum Beispiel Wandern und Radfahren hinzu. Zusätzlich profitieren Sie von Massagen und Naturfango-Heilschlamm-Packungen.
In der Rehaklinik legt das Behandlungsteam besonderen Wert darauf, die Patienten auf die Rückkehr in den Alltag vorzubereiten. Je nach Ihren persönlichen Bedürfnissen trainieren Sie Duschen, Treppensteigen, die Verwendung von Gehstützen oder sogar die Nutzung einer Rolltreppe. Sozialarbeiter beraten Sie zudem zu praktischer und finanzieller Unterstützung, auf die Sie Anspruch haben können.
Jessica Kilonzo ist Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin mit mehrjähriger Erfahrung in der Behandlung und Beratung von Patienten. Als Fachautorin schreibt sie Artikel zu Themen aus Medizin und Gesundheit. Die verständliche Darstellung komplexer medizinischer Inhalte liegt ihr besonders am Herzen.